Rede von Franz Schloderer zum 40-jährigen Jubiläum der Kapelle Mariä Himmelfahrt zu Irlaching

 

Erinnern Sie sich noch, verehrte Gäste? Als wir noch Kinder waren, konnten wir unseren Geburtstag kaum erwarten. Es war fast so wie an Weihnachten, wenn das Christkind kommt, wenn die Gesichter der Kinder „gleia weie a Hunderterbirn“, um es mit dem Dichter Harald

Grill zu sagen.

Heute haben wir selber Kinder, und manche von uns sogar schon Enkelkinder. Aber wir Irlachinger strahlen heute wie damals in unserer Kinderzeit, denn wir alle zusammen feiern heute wieder einen Geburtstag, einen runden Geburtstag sogar:

Wir freuen uns gemeinsam über 40 Jahre Kapelle „ Mariä Himmel-fahrt“ in Irlaching und darüber, dass unser Kirchlein in neuem Glanz erstrahlt.

Wir Irlachinger strahlen sozusagen mit unserer Kapelle „um die Wette“.

Allen Geburtstagen, meine Damen und Herren, ist gemeinsam, dass man sie in der Regel nicht alleine feiert, sondern zusammen mit Verwandten, Freunden und Menschen, die man mag. Deshalb haben auch wir uns Gäste eingeladen und sie gebeten, mit uns Geburtstag zu feiern.

Schon einmal wurde unserem kleinen Ort besondere Ehre zuteil, als am 3. Juni 1910 der bayerische Kronprinz und spätere König Ludwig III. dem damaligen „Gut Irlaching“ seine Aufwartung machte. Aber ein Bischof, noch dazu der amtierende Bischof unserer Diözese Regensburg, hatte bisher noch nicht den Weg zu uns nach Irlaching gefunden.

Um so größer ist deshalb unsere Freude, dass wir heute unseren Oberhirten, Bischof  Manfred, bei uns begrüßen dürfen.

 Exzellenz, wir freuen uns außerordentlich, dass Sie zu uns gekommen sind und heißen Sie in Irlaching herzlich willkommen!

Gott zum Gruße , Herr Bischof!                                                                                                                                                                                                                      

 

Verehrte Ehrengäste, Sie alle müssen selber viele Reden halten und deshalb werden Sie dafür Verständnis haben, wenn ich den Ratschlägen von Kurt Tucholsky folge und auf das von den Zuhörern gefürchtete namentliche Aufzählen der anwesenden Honoratioren verzichte.

Stellvertretend für alle weltlichen und kirchlichen Würdenträger, die uns heute mit ihrem Besuch ehren, begrüße ich Herrn Landrat Liedke, Oberbürgermeister Hans Kraus und  die Abgeordneten Marianne Deml und Franz Schindler sowie unseren sehr geschätzten Pfarrer, Herrn Rosner.

Auch die Vertreter der beiden Schwandorfer Zeitungen seien herzlich gegrüßt!

Wir danken Ihnen allen, liebe Gäste, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben, und hoffen, dass Sie sich bei uns wohlfühlen!

Ihnen allen ein herzliches „Grüß Gott“ in Irlaching!

Dass wir Irlachinger die Kirche im Dorf gelassen haben, davon haben Sie sich, inzwischen überzeugen können. Wie aber ist die Kirche überhaupt ins Dorf gekommen?

Die Ereignisse während und insbesondere zum Ende des 2.Weltkriegs waren es, die den Gedanken an einen Kapellenbau in Irlaching reifen ließen. Gibt es doch kaum eine Familie in unserem Dorf, über die der unsägliche Krieg nicht Trauer und Leid gebracht hat.

Fast in jedem Haus unserer kleinen Ortschaft trauerten die Angehöri-gen um einen oder gar um mehrere Söhne, die auf den Schlachtfeldern in Afrika oder Russland ihr junges Leben lassen mussten.

Auch die wiederholten Bombenangriffe auf unseren Ort, die Tod und Zerstörung in unser Dorf brachten, versetzten die Menschen in Angst und Schrecken.

Aus all diesen Geschehnissen und aus der Hoffnung, dass etwas derart Furchtbares nie wieder passieren möge, wurde die Idee geboren, Gott dafür zu danken, dass er seine schützende Hand über unser Dorf und seine Bewohner gehalten und noch größeres Unheil verhütet hat.

Die tief empfundene Dankbarkeit für die Bewahrung vor Not und Leid sollte nach dem Willen der Bauern Anton Kraus und Johann Henfling durch den Bau einer Kapelle zum Ausdruck kommen.

Diese beiden Männer wurden zur treibenden Kraft des Gedankens und es dauerte nicht lange, bis er von der gesamten Dorfgemeinschaft mitgetragen wurde. Als sich der Bauer Peter Eckert großzügig bereit erklärte, das notwendige Grundstück als Schenkung an die Kirchen-stiftung bereitzustellen, stand der Verwirklichung des gefassten Ent-schlusses nichts mehr im Wege.

1959 war es dann soweit. Architekt Gebhard Glatzl fertigte den ersten Planentwurf an. Als sich die Bauern Engelbert Beer, Ludwig Boßle, Hans Eckert, Peter Gruber, Alois Henfling, Xaver Schmidt und die verwitwete Bäuerin Anna Eckert zur Übernahme der Baukosten und der laufenden Kapellenunterhaltung verpflichteten, erteilte die Bischöfliche Finanzkammer Regensburg dem Vorhaben ihren Segen.

Auch das Landratsamt Burglengenfeld als staatl. Baugenehmigungs-behörde war einverstanden, als eine Mischung aus modernen Bau-elementen und barocken Vorstellungen fallen gelassen wurde.

Wenn den Gedanken des Kapellenbaus zunächst nur zwei Männer gefasst hatten, so wurde seine Realisierung vom ganzen Dorf ange-packt. Ob Bauer, Eisenbahner oder Arbeiter: Alle fassten sie mit an. Und das ist wörtlich zu verstehen, denn Baumaschinen standen damals, 15 Jahre nach Kriegsende, kaum zur Verfügung.

Die wenigen Fotos, die den Bau dokumentierten, beweisen das.

Schon vor 40 Jahren haben die Irlachinger damit gezeigt, dass Eigeninitiative und Arbeit für die Gemeinschaft – Tugenden, deren Fehlen in der heutigen Wohlstands- und Spaßgesellschaft  oft beklagt wird – für sie keine leeren Worte sind, sondern gelebte Überzeugung.

Bei soviel gemeinsam vergossenem Schweiß dauerte es auch nicht lange, bis das begonnene Werk durch vieler Hände Fleiß sich seiner Vollendung näherte.

Bereits im Sommer des Jahres 1960 wehte der bunte Baum am First, und die Irlachinger „Maurer und Zimmerer“ waren’s zufrieden und freuten sich über das gemeinsam Geleistete: Sie hatten sich, ohne fremde Hilfe, ihre eigenen Kirche gebaut.

Sie konnten mit Recht stolz auf sich sein!

Am 15. August 1961, also am Fest „Mariä Himmelfahrt“, läuteten dann in Irlaching zum ersten Mal die Kirchenglocken. Zugegeben, Glocken wie in Fronberg haben natürlich nicht geläutet.

Aber, da wir Irlachinger die Tugend der Bescheidenheit pflegen, waren wir auch mit einem kleinen Glöcklein zufrieden, das seitdem jeden Tag für die Menschen in unserem Dorf bimmelt und sie auf ihrem Lebensweg begleitet.

Die Freude der Dorfbewohner war damals sicherlich nicht minder groß, als Dekan Haustein am Fest Mariens unsere Kapelle einweihte und die „Irlouer“ zum ersten Mal nicht bloß „Kirwa“, sondern wirklich „Kirchweih“ feiern konnten. 

Viel Wasser ist seit dieser Zeit die Naab hinunter geflossen, und viele brave Frauen und Männer aus unserem Dorf, die tatkräftig mitgehol-fen haben, den Gedanken von einer eigenen Kirche im Dorf ins Werk zu setzen, sind heute nicht mehr unter uns.

Ihre fleißigen Hände, die vor 40 Jahren Mörtel mischten, lange Nägel mit wuchtigen Schlägen in die Dachsparren trieben oder auf ihren Knien putzten und schrubbten, werkeln schon lange nicht mehr.

Für viele unserer Angehörigen und Nachbarn haben wir seitdem in der Kapelle, die sie gebaut haben, den Sterberosenkranz gebetet und sie auf dem Friedhof in Fronberg zur letzten Ruhe gebettet.

Aber vergessen haben wir sie nicht! Sie leben fort in unserer Erinnerung und in unserer Kirche, die sie aus Dankbarkeit für uns und alle, die nach uns kommen, errichtet haben. Ihre Ehrfurcht vor Gott und ihre Liebe zur ihrer neuen Heimat Irlaching waren uns Nach-geborenen Verpflichtung, das von ihnen Geschaffene zu ehren und zu bewahren.

Ein großer deutscher Dichter prägte einmal das Wort: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!“

Ich denke, es ist nicht unangemessen, dieses Dichterwort auf Irlaching und die Irlachinger zu übertragen, denn wir haben gemeinsam im Rahme unserer bescheidenen Möglichkeiten unser Bestes gegeben, um diesem Erbe gerecht zu werden.

Das Wort „Erbe“, das soviel bedeutet wie: „was man uns hinterlassen hat“, „was vor uns geschaffen worden ist“ und das Wort „erwerben“ sind nicht von ungefähr eng verwandt mit dem Begriff „Arbeit“. In allen 3 Wörtern schwingt nämlich die Vorstellung, dass man sich „umtut“, dass man sich um „etwas bemüht“, um es zu besitzen. Unsere Kapelle, die wir alle im Herzen besitzen und die heute im neuen Glanz erstrahlt, legt Zeugnis dafür ab, dass die Irlachinger sich redlich bemüht haben und durch ihr tatkräftiges Tun Beachtliches geleistet haben.

Ich meine, soviel tätiges Bemühen einer kleinen Dorfgemeinschaft verdient durchaus Anerkennung.

Daß der liebe Gott auch dieser Meinung ist, sieht man an dem schönen

Wetter, das er uns zum Geburtstag geschenkt hat.

Geburtstage, so sagt man oft, sind dazu da, für Vergangenes zu danken, an der Gegenwart sich zu freuen und für die Zukunft zu hoffen.

Für Vergangenes zu danken – das bedeutet für uns, Dank zu sagen allen Menschen, die mitgeholfen haben – jeder auf seine Art – , dass man an Mariä Himmelfahrt vor 40 Jahren in Irlaching Kirchweih feiern konnte, und all den freiwilligen Helfern, die seitdem ohne Entlohnung unser Kirchlein innen und außen in Schuß gehalten haben.

Wir danken Herrn Pfarrer Rosner, der  jeden Monat einmal mit uns in Irlaching Gottesdienst feiert.

Danken möchten wir auch Herrn Pater Clemens vom Kloster Mies-berg, der uns seit vielen Jahren die Treue hält.

Ob Ostern, Pfingsten oder Weihnachten: Pater Clemens hat uns noch nie im Stich gelassen. Danke, Pater Clemens, für die langjährige Verbundenheit!

Was, verehrte Gäste, wäre eine Kirche ohne Mesner?

Sie haben Recht- undenkbar. Wir feiern heute eigentlich ein zwei-

faches Jubiläum. 40 Jahre Kapelle Irlaching, das bedeutet gleichzeitig

40 Jahre Mesnerdienst des Ehepaares Josef und Anna Kraus.

Wenn ich eingangs davon gesprochen habe, dass unserer heutigen Genuß- und Spaßgesellschaft Tugenden wie Gemeinschaftssinn und Selbstlosigkeit, die früher einmal selbstverständlich waren, offen-sichtlich abhanden gekommen und nur noch selten zu finden sind, so gilt das sicherlich für die Städte und viele Menschen, die dort wohnen, aber Gott sei Dank nicht für unser Dorf- und schon gar nicht für das Ehepaar Kraus.

Sie waschen und bügeln die Gewänder der Ministranten, sie beten mit uns den  Sterberosenkranz und die Maiandacht und sie besorgen den Blumenschmuck für die Kapelle, um nur einige ihrer vielen Aufgaben zu nennen. Und wer wäre wohl heute noch bereit, den Glockenstrick zu ziehen, um morgens, mittags und abends zum Gebet zu läuten, wie sie das viele Jahre lang getan haben?

Ihre  großartige, jahrzehnte lange Bereitschaft, sich um unsere Kirche zu kümmern, ist ohne Beispiel  und verdient unseren höchsten Respekt!

Im Namen der gesamten Dorfgemeinschaft spreche ich Ihnen, Familie Kraus, unseren Dank aus für 40 Jahre Dienst in und zum Wohle unserer Kirche. Seien Sie versichert, wir wissen es zu schätzen, was wir an Ihnen haben!

Einen Geburtstag zu feien, damit verbindet man natürlich nicht nur den Dank für das Gute, das man in der Vergangenheit erfahren hat, sondern auch die Freude an dem, was ist.

Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, durch gemeinsame Anstren-gung unsere Kapelle nicht nur zu renovieren, sondern noch schöner zu gestalten, als sie vorher war.

So wie eine gut gestaltete Haustür den Gast willkommen heißt, so empfängt unser kleines Kirchlein den Besucher, wenn er in unser Dorf kommt .

 Oder etwas poetischer ausgedrückt:

                                  Irlaching zur Zierde

                                  Gott zur Würde

                                  Und uns zur Freude

     Schmückten wir dies Gebäude.

Es sei an dieser Stelle deutlich gesagt, dass wir dieses Ziel ohne das persönliche Engagement und  die tatkräftige Unterstützung  von  Pfarrer Rosner wohl nicht erreicht hätten, wobei“ tatkräftig“ durchaus wörtlich gemeint ist. Umso mehr freuen wir uns über die Hilfsbereit-schaft, die wir von ihnen, Herr Pfarrer, erfahren haben, und über das,

was wir gemeinsam geleistet haben.

Ein Geburtstag ist aber auch immer ein Augenblick, um nachzudenken über unsere Zukunft, in die wir unsere Hoffnung legen. Wir sind ganz zuversichtlich, dass wir auch in den kommenden Jahren die kleinen Tücken des Alltags mit Hilfe unseres unverwüstlichen Oberpfälzer Humors meistern werden. 

Ganz im Sinne des bekannten Bauernseifzers, der es so formuliert:

„Raffa damma öfter, i und mei Wai“, hod da söl Bauer gsagt,“ owa strain damma nie!

Wir wollen hoffen, dass den Menschen in unserer Gemeinde das Wertvollste, das wir besitzen, nämlich unsere Gesundheit, und der Friede im Dorf und in den Familien auch weiterhin erhalten bleibt.

„ … und für die Zukunft zu hoffen“: Damit verbinden wir vor allem die Zuversicht, dass solch schreckliches Unheil, wie es im April des Jahres 1945 die Menschen in Irlaching heimsuchte, nie wieder über uns kommen möge.

Diesen Gedanken hegten wohl auch diejenigen Männer und Frauen, die vor 40 Jahren unsere Kirche ins Leben gerufen haben.

Wir vermuten wohl richtig, wenn wir annehmen, dass sie, in Erinne-rung an die erlebten Schrecken des Krieges und aus Dankbarkeit für den Schutz, der ihnen damals zuteil wurde, unsere Kapelle am Fest „Mariä Himmelfahrt“ unserer lieben Frau, der Schutzpatronin Bayerns, gewidmet haben.

Auch wir, die wir ihr Erbe angetreten haben, teilen diese tiefe Dankbarkeit und stimmen ein in das schlichte Loblied der „Nabburger Boum“, das sie jedes Jahr am Patrozinium in Perschen singen:

Hilf uns du in Not und Leid

                                   Unsre liebe Frau

    Breit um uns den Mantel weit

                                   Und segne unsre Au.

Ich danke Ihnen.

Quelle Bilder: F. Schloderer